Sonntag, 11. September 2011

Wo warst Du...?

Wo war ich am 11.09.2001?

Nun ja, ich kam abends nach einem eigentlich ereignislosen Tag heim, hatte ihn in dem Keller, in dem das Buchantiquariat damals untergebracht war, verbracht, zwischen Sandstein, Schimmel und Büchern gearbeitet.... also ich kam heim in die Wohnung meiner Eltern, wo ich damals noch lebte und wurde aufgeregt im beleuchteten Gang noch mit den Schuhen an den Füssen bestürmt...
Das World-Trade-Center sei durch terroristische Angriffe zerstört worden...
Nein, zuerst habe ich nichts drauf gesagt, sondern fragte meinem Bruder nach einer Weile, ob er mich verarsche... befreite mich von den Schuhen, bekam es immer und immer wieder bestätigt, ging zum Fernseher, Nachrichtensendungen. Seltsam unbeteiligt starrte ich dann auf die Fernsehbilder, sah die Opfer und mir wurde langsam bewusst, welches Leid diese weissbestaubten Menschen wohl gerade durchmachten, mit dem Schrecken und dem Ausdruck von Fassungslosigkeit auf ihren Gesichtern.
Als wäre die Welt stehen geblieben.

Der Moment als mir bewusst wurde, was diese kleinen, dunklen Punkte, die aus den Fenstern stürzten, waren - Menschen, sterbende Menschen in ihren letzten Momenten, die vielleicht schiere Verzweiflung oder der Wunsch, wenigstens nicht zu verbrennen trieb...

Dann die Hinweise auf das Pentagon, dann die ersten Spekulationen um die eine auf dem Feld abgestürzte Maschine, deren Geschichte eines letzten Kampfes, um nicht als Waffe missbraucht zu werden, wie wir später erfuhren.

Es ist schreckliches Leid.
Es ist zu einem Symbol geworden.
Es ist zu einem Vorwand geworden, genau die Ideale der Freiheit einzuschränken, die man zu verteidigen vorgab.

Es war Hass, der die Welt für immer veränderte - Hass auf beiden Seiten.
Doch ist es nicht diese Schwarzweissmalerei, die die Welt wirklich beschreiben kann, denn es gibt so viele Grautöne dazwischen, genauso wie Farben, die verwirren können.

Dennoch weiss ich eines: Rechte haben alle Menschen!
Selbst der "Böse" hat sie und nichts macht Verfolgung, Folter und Mord in irgendeiner Hinsicht tolerierbar.
Weder den Kampf gegen den Terror, den Kampf gegen das imperialistische Amerika, kein Kreuzzug und kein Dschihad. Keine „gerechte“ Sache darf die wenigen Regeln, die es gibt, ausser Kraft setzen.

Die Instrumentalisierung von Leid sollte und eher nachdenklich machen und das genau hinsehen, aber auch Mitgefühl (nein, nicht herabwürdigendes oder bevormundendes Mitleid) wecken.

Wenn mich jemand fragt, was mich wirklich erschüttert hat... Nun, mich hat die hämische Freude von einem Bekannten und damaligen Arbeitskollegen (kein Moslem!) im Angesicht der Anschläge schockiert, dass es "denen" ja recht geschehen sei und sie es verdient hätten...
Nein, niemand hat so etwas verdient!
Kein Mensch.
…und es stellt sich nicht einmal die Frage, ob es denn gute oder schlechte Menschen waren.
Es waren Menschen.
Menschen wie wir, die zur Arbeit gingen.
Menschen, deren Liebsten zu Hause warteten.
Menschen, die versuchten andere zu retten.
Menschen, die versuchten Profit zu machen.
Grossverdiener, kleine Angestellte, Künstler, Touristen...
Es ist doch letztlich egal, es waren Menschen!

Und daran, dass wir alle Menschen mit gleichen Rechten sind, darf niemand deuteln - und dass die Freiheit eben auch nur soweit geht, dass bis sie die Freiheit bzw. die Integrität eines anderen einschränkt.
Schutz ist wichtig.
Verhinderung von Straftaten auch.
Doch das Recht frei zu sein, ohne dass Vorurteile und Angehörigkeit zu einer Volksgruppe schuldig sprechen, das bleibt bestehen.
Nicht scheinbare Sicherheit auf Kosten der Freiheit!

Auch daran denke ich heute.
Daran, dass ich am nächsten Tag zu spät zur Sitzung kam.
Daran, dass der Alltag scheinbar weiterging, obwohl man sich der Tragweite langsam bewusst wurde.
An Deklarationen, die ein Ideal formulieren, auf das wir uns zubewegen sollten.
Nein, ich bin kein Optimist, nur zu realistisch, um aufzugeben.

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